IT System

Vorteile des IT-Systems

Das IT-System („ungeerdetes System“) ist im Vergleich zum TN- oder TT-System („geerdetes System“) eine selten angewandte Netzform – dabei wäre sie häufig die bessere Alternative.

Warum gibt man sich dann in der Praxis mit der schlechteren Alternative zufrieden?
Die Antwort lautet wohl: aus Gewohnheit, aus Bequemlichkeit, aus Unkenntnis. Das IT-System ist in der Praxis nicht sehr bekannt. Es wird in Hochschulen und Ausbildungsstellen kaum behandelt. So hat sich das geerdete System als Standard etabliert und es verbreitet sich immer weiter. 

Das IT-System findet sich nur selten und dann vor allem dort, wo auf dessen Vorteile nicht verzichtet werden kann. Das ist z. B. bei Operationsräumen und Intensivstationen oder in der Signaltechnik der Bahn der Fall. Warum? Weil es hier um Menschenleben geht. Aber geht es bei Stromversorgungssystemen letztlich nicht immer um Menschenleben?

Inhärent sicher – kleiner Unterschied, große Wirkung

Das IT-System unterscheidet sich vom TN- oder TT-System hauptsächlich durch eine leitende Verbindung zwischen dem Sternpunkt des Transformators, der das System versorgt, und Erde. Beim geerdeten System  ist sie vorhanden, beim ungeerdeten System nicht.

Worin liegt nun der große Unterschied in der Wirkung, wenn die Ausführung kaum abweicht? Berührt ein Mensch bei einem intakten ungeerdeten System ein unter Spannung stehendes leitendes Gehäuse, so passiert: in der Regel NICHTS! Warum? Zwar fließt ein Strom, jedoch ist dieser nur sehr klein, da er von Ableitkapazitäten abhängt und dass Gehäuse geerdet ist.

Wie ist das beim geerdeten System? Hier stellt man im Vorhinein einen geschlossen Stromkreis bereit und wartet gewissermaßen auf den Fehler. Fasst in diesem Fall ein Mensch an ein unter Spannung stehendes leitendes Gehäuse, würde ohne eine Überstromschutzeinrichtung aufgrund der niederohmigen Verbindung zum Versorgungstrafo sofort ein Fehlerstrom über den Menschen fließen. Um sicherzustellen, dass die erforderliche Schutztechnik in diesem Moment auch funktioniert, muss sie regelmäßig überprüft werden.

Aber wie häufig wird das tatsächlich getan?

Fehlerlokalisierung

Mittels sogenannter Einrichtungen zur Isolationsfehlersuche (IFLS) können Isolationsfehler im laufenden Betrieb oder abgeschalteten Zustand lokalisiert werden.

Dazu stehen Geräte zur stationären Installation und mobile Geräte zur Verfügung. Dies ist in geerdeten Systemen grundsätzlich auch möglich, basierend auf der Differenzstromtechnik (RCM), jedoch mit der Einschränkung, dass dies nur in eingeschalteten Systemen funktioniert und im Gegensatz zum IT-System auf asymmetrische Isolationsfehler begrenzt bleibt.

Keine ungewollten Betriebsunterbrechungen

Im ungeerdeten System ist bei einem Isolationsfehler – selbst bei einem satten Erdschluss – keine Abschaltung erforderlich.

Dies ist auch der Grund, warum IT-Systeme z. B. in Intensivstationen vorgeschrieben sind. Im Falle eines Isolationsfehlers werden die lebenserhaltenden Geräte weiter versorgt. Das IT-System eignet sich generell hervorragend für alle Applikationen, in denen Abschaltungen unerwünscht, folgenschwer oder kostspielig sind – in der Prozessindustrie, in Rechenzentren, in der Automatisierung, prinzipiell überall.

Eine besondere Bedeutung kommt Steuerstromkreisen aller Art zu. Fehlsteuerungen und Ausfälle von Steuerstromkreisen – zum Beispiel in einem Umspannwerk oder einem Atomkraftwerk – können gravierende Folgen haben. Basierend auf den Informationen, die das Isolationsüberwachungsgerät bereitstellt, können im IT-System Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen langfristig geplant und ungeplante Einsätze zur Störungsbehebung vermieden werden.

Frühzeitige Verschlechterungen erkennen

Ein weiterer entscheidender Vorteil ist, dass Verschlechterungen des Isolationsniveaus sofort erkannt werden können.

In einem geerdeten System können Fehlerströme mittels hochentwickelter Differenzstromtechnik (RCM-Technik) im einstelligen Milliampere-Bereich aufgelöst werden – aber nicht weiter. Selbst wenn nur die ohmschen Anteile des Differenzstroms selektiert werden könnten, bedeutet dies bei einer Netzspannung von 400 V und einer Auflösung von 10 mA eine Erkennung der Verschlechterung des Isolationsniveaus unterhalb von 40 kΩ.

Dies ist eine enorme Verbesserung gegenüber einem geerdeten System, das nicht überwacht wird und irgendwann einfach ungewollt abschaltet. Aber ein Isolationswert von 40kΩ entspricht beim IT-System bereits dem empfohlenen Hauptansprechwert. Gemessen werden kann im IT-System im Megaohmbereich und darüber – was einen Faktor von mindestens 1.000 gegenüber dem geerdeten System bedeutet. Es können also Isolationsverschlechterungen im ungeerdeten System noch sehr viel früher gemessen und behoben werden.

Symmetrische Fehler erkennen

In einem IT-System können mittels eines aktiv messenden Isolationsüberwachungsgerätes symmetrische Fehler erkannt werden. Symmetrische Fehler sind Isolationsverschlechterungen gleicher Größenordnung auf allen Außenleitern.

Solche Fehler sind nicht selten. Beispielsweise verschlechtern sich die Isolationswerte in Photovoltaikanlagen häufig gleich auf der Plus- und der Minusseite.

Messungen in DC-Netzen

RCDs für reine DC-Netze wie Batteriesysteme stehen zurzeit nicht zur Verfügung. Möglichkeiten dazu stellen entweder Geräte zur Differenzstromüberwachung (RCM) mit einer DC-Versorgungsspannung oder die Ausführung als IT-System mit Isolationsüberwachung dar.

Das ISOMETER® iso685 bietet zudem den Vorteil, dass es in DC-Netzen anzeigt, ob der Fehler auf der Plus- oder Minusseite vorliegt.

Messung in gemischten AC-Netzen mit DC-Anteilen

Befinden sich Batteriesysteme, Umrichter, Schaltnetzteile etc. im AC-Netz, so sind DC-Fehlerströme möglich.

Die weit verbreiteten RCDs vom Typ A für reine AC-Netze sind hier ungeeignet. Hier können im geerdeten Netz nur RCDs vom Typ B eingesetzt werden oder es muss auf anderem Wege (mittels RCM-Technik) sichergestellt werden, dass bei DC-Strömen oberhalb von 6 mA abgeschaltet wird.

Eine sinnvolle Alternative dazu ist, die Anlage als ungeerdetes Netz zu betreiben und mit einem Isolationsüberwachungsgerät zu überwachen.

Offline-Monitoring

Da ein Isolationsüberwachungsgerät aktiv misst, kann es auch allpolig abgeschaltete IT- oder TN-Systeme überwachen.

Dies ist zum Beispiel wichtig für Weichenheizungen, Feuerlöschpumpen auf Schiffen, redundante Kühlsysteme in Atomkraftwerken. So erkennt man z. B. auch im Sommer, wenn eine Weichenheizung einen Isolationsfehler aufweist, und kann sie rechtzeitig reparieren. Andernfalls würde man den Fehler erst beim Einschalten im Winter bemerken – in Form des unmittelbaren Ausfalls der Anlage genau dann, wenn sie gebraucht wird.

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Schließung der Lücke zwischen den wiederkehrenden Prüfungen

Das im IT-System vorgeschriebene Isolationsüberwachungsgerät überwacht den Isolationswert permanent. 

Bei den regelmäßigen Prüfungen (Stichwort DGUV Vorschrift 3) wird im Gegensatz dazu nur der momentane Isolationszustand erfasst. Dieser kann unmittelbar nach der Prüfung schon dramatisch verschlechtert sein und dann lange unbemerkt bleiben.

Auch im geerdeten System ist die permanente Überwachung durch den zusätzlichen Einsatz von Differenzstromüberwachungssystemen (RCM-Technik) möglich.

Brandvorbeugung

Isolationsfehler in Elektroinstallationen sind die häufigste Brandursache überhaupt. Im IT-System ist die Brandwahrscheinlichkeit sehr gering.

Erstens kann man Isolationsfehler schon in der frühen Entstehungsphase erkennen und beheben. Zweitens fließt aufgrund des fehlenden niederohmigen Rückpfades im Falle des Isolationsfehlers kein Strom, der groß genug wäre, einen Brand zu verursachen. Auch hier gilt wieder die Einschränkung auf Systeme mit begrenzter Netzableitkapazität.

Langzeitbetrachtung

Die ISOMETER® iso685 und iso1685 sind in der Lage, über viele Jahre hinweg lückenlos Netzparameter mit Zuordnung von Datum und Zeit aufzuzeichnen.

In Verbindung mit weiteren aufgezeichneten Systemereignissen ermöglicht dies die eventbasierte Fehleranalyse und erleichtert das Auffinden und Beseitigen sporadisch auftretender Fehler sowie die Verbesserung der Entscheidungsgrundlage für zukünftige Investitionen. Die Auswertung kann am Gerät selbst oder via Ethernet durchgeführt werden.

Sicherer Umgang mit nichtlinearen Verbrauchern, insbesondere Umrichtern

Heutige Netze enthalten immer weniger lineare (ohmsche) Verbraucher. Die Glühlampe wurde durch Energiesparlampen oder LEDs ersetzt, Computer und Fernseher werden über Schaltnetzteile mit dem Netz verbunden, die Waschmaschine enthält einen Frequenzumrichter und für die Motoren in der Industrie kommen Frequenzumrichter in großer Zahl zum Einsatz.

Ein leistungsstarkes Isolationsüberwachungsgerät im IT-System hat damit kein Problem und misst den Isolationswert des gesamten Netzes korrekt. Das IT-System eignet sich besonders für den Einsatz mit Umrichtern, denn im IT-System kann es auch bei einem satten Isolationsfehler im Zwischenkreis von großen Umrichterantrieben durch DC-Ströme und die damit verbundenen Sättigungseffekte in Eisenkernen nicht zur Zerstörung der induktiven Elemente von speisenden Generatoren und Transformatoren kommen.

Das ISOMETER® iso685 wurde für die Überwachung von Netzen mit Frequenzumrichtern entwickelt und ermöglicht eine logische Verknüpfung von Systemparametern, um eine automatische Abschaltung von Antrieben bei einem kritischen Anlagenzustand auszulösen. Eine Fehlerdifferenzierung in Umrichterantrieben nach Zwischenkreis und Motorseite ist mit dem iso685 ohne zusätzliche Aufwendungen und ohne weitere Geräte möglich.

Keine vagabundierenden Ströme

In geerdeten Systemen verursachen vagabundierende Ströme oft Probleme. Dies sind Ströme, die nicht über die L-, N- und PE-Leiter fließen, sondern sich andere Wege suchen.

Sie verursachen Korrosion und Lochfraß bei Rohrleitungen, Blitzschutzanlagen, Kugellagern, Fundamentalerdern und sonstigen leitfähigen Teilen. Sie können zur Zerstörung von Schirmen von Signalkabeln bis hin zum Brand führen und es können dadurch Störmagnetfelder auftreten, die Probleme mit EDV- und Kommunikationsanlagen hervorrufen. Da im ungeerdeten System der Rückpfad zum Sternpunkt des Trafos nicht geschlossen wird, können sich vagabundierende Ströme in ungeerdeten Systemen nicht ausbreiten.

Stabiler bei Transienten

In der IEC 62109-1:2010 wird die Möglichkeit beschrieben, die Überspannungskategorie von CAT IV auf CAT III durch Isolation via Trenntransformator, Optokoppler oder ähnliche galvanische Trennung zu reduzieren, weil Transienten keine so hohen Ströme wie bei geerdeten Systemen zur Folge haben.

Die praktische Folge daraus ist, dass Bauteile in den elektrischen Verbrauchern im IT-System weniger Belastung durch Spannungsspitzen erfahren und dadurch eine längere Lebensdauer haben.

Nachteile des IT-Systems

IT-Systeme sollten nicht zu groß sein

Sehr große IT-Systeme können unübersichtlich werden und eine ungewollt hohe Netzableitkapazität aufweisen. Es ist daher zu empfehlen, sehr große IT-Systeme mittels Trenntransformatoren in separate Einheiten zu unterteilen, was zusätzliche Kosten und Leistungsverluste in insgesamt aber meist vernachlässigbarer Größe verursachen kann.

Die Aufteilung in galvanisch getrennte Subsysteme hat durchaus auch Vorteile, wie die Filterungswirkung gegenüber Störgrößen oder die Möglichkeit der individuellen Anpassung der Spannungen an die versorgten Verbraucher. Was ein sehr großes System ist, ist im Einzelfall zu bewerten und hängt von den Systemparametern ab. So können zum Beispiel die weltgrößten PV-Felder komplett von jeweils einzelnen ISOMETER®n des Typs isoPV überwacht werden. Was bedeutet, dass einem einzigen ISOMETER®, trotz der Anlagengröße von zehn und mehr Fußballfeldern, keine fehlerhafte Steckverbindung, kein schadhaftes Kabel und kein schadhaftes PV-Modul entgeht.

Spannungserhöhung bei Isolationsfehler

In einem IT-System mit einem Isolationsfehler auf einem Leiter erhöhen sich die Außenleiterspannungen der anderen Leiter gegenüber Erdpotenzial.

Bei einem satten Erdschluss eines Leiters im 230 V Netz erhöhen sich die Spannungen der anderen Leiter gegenüber Erdpotenzial auf ca. 400 V. Systemkomponenten, bei denen das Potenzial gegenüber Erde eine Rolle spielt, insbesondere Y-Kondensatoren und Überspannungsbegrenzer, sollten daher für die maximale Nennspannung geeignet sein. Die Spannungserhöhung kann vermieden werden, wenn die Sekundärseite des Trafos in Delta-Form ausgeführt wird.

Fazit

Das IT-System weist gegenüber geerdeten Systemen viele Vorteile auf und eignet sich nicht nur für die hohen Anforderungen im Operationsraum oder in einem Atomkraftwerk, sondern praktisch überall. In vielen Fällen wird es heute gar nicht in Betracht gezogen, obwohl es die bessere Wahl wäre.

Die neueste Generation Isolationsüberwachungsgeräte bietet viele wirtschaftliche und technische Vorteile, die dem Betreiber zugutekommen. Manchmal werden die Kosten eines Isolationsüberwachungsgeräts als Argument gegen ein IT-System angeführt, jedoch ist das Gegenteil der Fall: Angesichts der oben aufgeführten Vorteile und der damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen lohnt sich der Einsatz im kommerziellen Bereich immer!

IT-System - leicht erklärt

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Produktübersicht ISOMETER®/ISOSCAN® Produktübersichten 5.0 MB DE2024/02/1616.02.2024
Wiederkehrende Prüfung nach DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) Flyer 565.3 KB DE2024/01/0909.01.2024
DGUV - Normgerechter Betrieb elektrischer Anlagen Branchenbroschüren 5.3 MB DE2023/12/1919.12.2023
Fachbeitrag: Erst- und Wiederholungsprüfung von IT-Systemen (ungeerdeten Stromversorgungen) Fachartikel 625.1 KB DE2019/05/1313.05.2019
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Fachbeitrag: Warum das IT-System häufig die beste Wahl ist (Schaltschrankbau) Fachartikel 317.3 KB DE2019/05/1313.05.2019
Fachbeitrag: Vorhang auf für das IT-System Fachartikel 272.8 KB DE2019/05/1313.05.2019
Praxisbericht: Isolationsüberwachung im Klärwerk Fachartikel 239.7 KB DE2019/05/1313.05.2019
Praxisbericht: Isolationsüberwachung im Museum Fachartikel 343.2 KB DE2019/05/1313.05.2019
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