Die Hochverfügbarkeit und die Zuverlässigkeit von Stromversorgungen in Industrie und Zweckbauten ist für die Kosteneffizienz und Produktivität ein entscheidender Faktor. Unerwartete Betriebsunterbrechungen, Funktionsstörungen und EMV-Probleme kosten Zeit und Geld. Im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung ist es deshalb wichtig, Stromversorgungen permanent zu überwachen. Moderne Differenzstrom-Überwachungssysteme (RCMS) erkennen frühzeitig schwerwiegende Isolationsfehler und geben dem Betreiber einer technischen Anlage die Möglichkeit, den Fehler schnell zu lokalisieren und zu beheben, bevor es zu einer plötzlichen Störung oder Abschaltung des Gesamtbetriebes kommt.
Zusätzlich werden Einsparpotenziale bei den Wiederholungsprüfungen nach der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 3 und der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) genutzt.
Dieser Beitrag soll praxisgerechte Lösungsmöglichkeiten einer innovativen Differenzstromüberwachung aufzeigen, um für moderne Elektroinstallationen in hochsensiblen Bereichen eine Betriebssicherheit durch vorbeugende Instandhaltung zu gewährleisten. Eine Investition, die sich auszahlt.
Innerhalb ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel bieten Differenzstrom-Überwachungssysteme (RCMS) eine optimale Möglichkeit zur permanenten Beurteilung von Isolationsverschlechterungen. Die gemessenen Differenzströme lassen sich eindeutig den jeweiligen Stromkreisen und einzelnen Verbraucher zuordnen. Eine anlagenbezogene sicherheitstechnische Zustandsbewertung ist möglich.
Die Vorteile dieser Messmethoden liegen vor allem in der Prävention: Denn diese Messungen können kontinuierlich durchgeführt werden und liefern frühzeitig die erforderlichen Messwerte zur sicherheitstechnischen Beurteilung der elektrischen Anlage. Im Sinne der elektrischen Sicherheit insbesondere der elektrischen Betriebsmittel, die eine hohe Verfügbarkeit aufweisen müssen, oder von Anlagen, bei denen eine Isolationswiderstandsmessung aus technischen Gründen nur schwer möglich ist, bietet dieses Messverfahren viele Vorteile für den praktischen Betrieb.
Die Anwendung dieser Messmethoden entbindet aber keinesfalls von der Verpflichtung zur wiederkehrenden Prüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel nach der DGUV Vorschrift 3, z. B. durch Besichtigung, Prüfung der Durchgängigkeit der Schutz- und Potenzialausgleichsleiter sowie der Wirksamkeit der Abschaltbedingungen.
In der nunmehr geltenden Betriebssicherheitsverordnung § 10 wird das Durchführen einer gleichartigen Prüfung gefordert. Entsprechend der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 der BetrSichV sind für Arbeitsmittel insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen zu ermitteln. Mängel und Schäden müssen durch diese Prüfungen rechtzeitig festgestellt werden. Wie diese Prüfung zu erfolgen hat, wird nicht im Detail vorgegeben. Der Verantwortliche hat die erforderlichen Maßnahmen und Prüffristen festzulegen, wobei Differenzstrom-Überwachungsgeräte in der Praxis eingesetzt werden.
Die Aufgabe eines Differenzstrom-Überwachungsgeräts (RCM) (Bild 1) ist es, eine elektrische Installation oder einen Stromkreis auf das Auftreten eines Differenzstroms zu überwachen und durch einen Alarm anzuzeigen, wenn dieser einen festgelegten Wert überschreitet [DIN EN 62020 (VDE 0663):2005-11].
Ein grundlegendes Gesetz der Elektrotechnik, der erste Kirchhoff’sche Satz, besagt, dass die geometrische Summe der Ströme in einem elektrischen Stromkreis gleich Null ist. Wie im Bild 2 dargestellt entspricht im fehlerfreien Netz I1 gleich I2 .
Entsteht aufgrund eines Isolationsfehlers ein Fehlerstrom IΔ, der über den Körper bzw. Erde abfließt, ergibt sich laut Kirchhoff’schem Satz: I∆ =I1 – I2
Mit dem allstromsensitiven 12-kanaligen True RMS messenden RCMS460 System können Differenzströme von 0 ...2000 Hz und von 6 mA bis 20 A während des Betriebes gemessen und innerhalb von 180 ms ausgewertet werden.
Das mit einem Display ausgestattete System signalisiert, ob voreingestellte Ansprechwerte oder Ansprechzeiten erreicht oder bereits überschritten wurden. Ein integrierter Historienspeicher und Datenloggerfunktion speichert bis zu 300 Meldungen mit genauer Fehlerzeit. Der Informationsaustausch zwischen den einzelnen Auswertegeräten und einem Gateway erfolgt über eine RS-485-Schnittstelle. Somit kann von einer zentralen Stelle, z. B. einem Schaltschrank oder einer Leitwarte, ein komplettes Gebäude bzw. ein kompletter Versorgungsabschnitt permanent überwacht werden.
Über die zeitliche Dokumentation des Anlagenverhaltens ist es im Rahmen der permanenten Differenzstromüberwachung möglich, angepasste Prüffristen nach DGUV Vorschrift 3 festzulegen und somit das Schutzziel der BetrSichV „Festlegung gefährdungsbezogener Prüffristen“ zu erfüllen.
Die Schutzzielvorgaben DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ hinsichtlich der durchzuführenden Wiederholungsprüfungen sind immer dann erfüllt, wenn sichergestellt ist, dass die elektrischen Betriebsmittel keinen Mangel aufweisen. Neben der festen Prüffrist besteht für ortsfeste elektrische Anlagen die Möglichkeit der „ständigen Überwachung“. Für ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel ist in der Durchführungsanweisung zur DGUV Vorschrift 3 neben der starren Inbezugnahme der zugeordneten Prüffristen eine Erweiterung der Prüffristen durch die Ermittlung einer Fehlerquote von unter 2 % zulässig. Selbstverständlich sind nach der DGUV auch andere technisch/organisatorische Lösungen denkbar, wenn damit sichergestellt ist, dass dem Mitarbeiter nur ordnungsgemäße Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden.
Über die vorgestellten Differenzstrom-Messverfahren wird es für die Elektrofachkraft (befähigte Person im Sinne der BetrSichV) möglich, eindeutige und zielgerichtete Prüffristen zu ermitteln und anwendungsbezogen festzulegen. Diese Festlegung kann sowohl eine Reduzierung der Prüffristen als auch eine Erweiterung der Prüfintervalle beinhalten. In Abhängigkeit vom „Beanspruchungsgrad“ der Betriebsmittel ist somit eine sicherheitstechnisch und betriebswirtschaftlich angepasste (Fristenfestlegung) Wiederholungsprüfung möglich.
Abschaltungen, auch nur für kurze Zeit, gehören durch den gezielten Einsatz von Differenzstrom-Überwachungssystemen (RCMS) der Vergangenheit an. Die Verfügbarkeit einer elektrischen Anlage wird erhöht und der Kostenaufwand für die Wiederholungsprüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel minimiert.
Die Vorteile lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Optimierte Instandhaltung
Höhere Betriebs-/Anlagensicherheit
Höhere Wirtschaftlichkeit
Höhere Brandsicherheit
Der Grundaufbau in Bild 4 zeigt die Stromkreis-Überwachung der Stromversorgung mit bis zu 12 Abgängen (Stromkreise). Dargestellt wird auch der jeweils bevorzugte Einbauort der benötigten Messstromwandler zur Ermittlung des Fehlerstromes und dient gleichzeitig zur Fehlerorterkennung (Stromkreiszuordnung).
Einzelne Messwerte von den Differenzstrom-Überwachungssystemen können problemlos vom Arbeitsplatz der Elektrofachkraft beobachtet werden. Veränderungen oder auftretende Fehlerströme in der zu überwachenden Stromversorgung werden grafisch visualisiert und dokumentiert (Bild 7). Somit kann auch der Fehlerort/Endstromkreis zweifelsfrei ermittelt werden.
Im nachfolgenden Abschnitt ist die herkömmliche DC-Isolationswiderstandsmessung und die Überwachung der Anlage mit Differenzstrom-Überwachungssystemen in Verbindung mit dem Prüfpersonal gegenübergestellt.
Nachteile der Isolationsmessung mit DC-Messspannung | Vorteile von RCM-Messungen |
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Alterung und Vorschädigung von Varistoren durch Isolationsmessung mit hoher DC-Messspannung. | RCMs sind passiv messende Überwachungsgeräte – diese Fehlerquelle ist ausgeschlossen. |
Zu hoher oder zu lange aufgeschalteter Prüfstrom kann zu Verbrennungen von Schutzrelais führen. | RCMs sind passiv messende Überwachungsgeräte – diese Fehlerquelle ist ausgeschlossen. |
Verbraucher, die während der Isolationsmessung nicht vom Netz getrennt wurden, können beschädigt werden. | RCMs sind passiv messende Überwachungsgeräte – diese Fehlerquelle ist ausgeschlossen. |
USV gestützte Anlagenteile können nicht gemessen werden – keine Abschaltung möglich. | RCMs sind passiv messende Überwachungsgeräte – diese Fehlerquelle ist ausgeschlossen. |
In ausgedehnten Netzen, großen Leiterquerschnitten, vermaschten Netzen ist der zeitliche Aufwand der Koordination, Isolationsprüfung und Beurteilung aus wirtschaftlichen Gründen häufig nicht vertretbar. | RCMs können mit einem technisch und wirtschaftlichen vertretbaren Aufwand die Aufgaben für die Erkennung von Isolationsverschlechterungen übernehmen. |
Wiederkehrende Prüfungen sind sehr oft nur Stichproben. Sie sind nicht repräsentativ und können aufgrund z. B. klimatischer Verhältnisse unterschiedliche Werte anzeigen. | RCMs überwachen online. Es kann eine Trendanalyse und eine Aussage über zukünftige Ausfälle getroffen werden, wenn Messwerte protokolliert und ausgewertet werden. Mängel, die eine Gefahr für Personen, Nutztiere und Sachen darstellen, sind unverzüglich zu beseitigen. |
Elektronische Betriebsmittel können durch die Prüfspannung beschädigt werden, wenn der Neutralleiter nicht getrennt ist oder Kopplungen, z. B. durch Isolationsfehler, vorhanden sind. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass die Prüfspannung des Isolationsmessgerätes an den Eingangsklemmen der Betriebsmittel auftritt. | Keine N-Leiter-Auftrennung notwendig. Auf N-Leitertrennklemmen kann verzichtet werden. |
Innerbetriebliche Abschaltprobleme; nicht alle Anlagenteile werden überprüft. | Keine Abschaltung notwendig. |
Beeinflussung der Betriebsabläufe und Ausfallkosten durch Abschaltungen. | Keine Ausfallkosten. |
Anklemmen der N-Leitertrennklemme als Gefahrenpunkt für Unterbrechung, oder Verbindung nach der Messung vergessen. | N-Leitertrennklemmen müssen nicht verwendet werden. |
N-Leitertrennklemmen sind als Schwachstelle bei hohen Oberschwingungsströmen bekannt. Eine Unterbrechung bewirkt eine Spannungserhöhung. | N-Leitertrennklemmen müssen nicht verwendet werden. |
Im spannungslosen Zustand kann nur bis zum Trennschütz gemessen werden. | RCMs messen die komplette Installation, einschließlich eingeschalteter ortsfester und ortsveränderlichen Betriebsmitteln. |
Werden die Isolationswiderstände mehrerer Stromkreise gemeinsam geprüft, können Kopplungen unterschiedlicher Stromkreise unentdeckt bleiben. Eventuelle Folgen sind Rückspannungen und Einschränkungen der RCD-Funktion. | RCMs erkennen solche Kopplungen, wenn jeder Stromkreis einzeln überwacht wird. |
Keine aufschlussreichen Messergebnisse bei Vorhandensein von Überspannungsableitern. |
Nachteile der Isolationsmessung mit DC-Messspannung | Vorteile von RCM-Messungen |
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Hohe Personalbindung und erheblicher Kostenfaktor | |
Fach- und sachkundiges Bedienpersonal (befähigte Personen) der Prüfgeräte notwendig. Sie müssen die einschlägigen Sicherheitsanforderungen, -vorschriften, betriebliche Anweisungen und die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren kennen. Von den an elektrischen Anlagen arbeitenden Personen muss eine ausreichende Anzahl so ausgebildet sein, um Erste Hilfe leisten zu können. Eine richtige Dokumentation ist notwendig, aber in vielen Fällen nicht vorhanden. | Kein fach- und sachkundiges Bedienpersonal bei der Überwachung notwendig. Erst bei dem Eintritt einer Grenzwertüberschreitung des Fehlerstromes wird eine Elektrofachkraft benötigt. |
Gefährdungen und Belastungen des Prüfers: 1. Mangelhafte Vorbereitung, gefährliche Improvisation, Arbeiten unter Zeitdruck 2. Arbeiten bei ausgeschalteten oder demontierten Schutzeinrichtungen 3. Arbeiten unter schwierigen Umgebungsbedingungen 4. Arbeiten auf Leitern 5. Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe von spannungsführenden Leitern. | Keine Gefährdung |
Weitere Unterscheidungsmerkmale der RCM-Messung | Vorteile der Isolationsmessung mit DC-Messspannung |
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Isolationsfehler zwischen aktiven Leiter wird nicht festgestellt. Isolationsfehler zwischen N- und PE können gemessen werden, wenn Verbraucher angeschlossen und eingeschaltet sind. | Kann gemessen werden. |
RCMs können nur in TN-S und nicht in TN-C-Systemen eingesetzt werden. | Kann in allen Netzformen eingesetzt werden. |
Erkennen durch den Ansprechwert keine hochohmigen Isolationsfehler laut DIN EN 5110-1 (VDE 0105-1):2014-02. | Ansprechwert ab ca. 5 mA: Isolationsfehler kleiner 40 kΩ zwischen Phase und Erde können gemessen werden. |
Erkennt nur unsymmetrische kapazitive und ohmsche Isolationsfehler. | Bei der Isolationsprüfung werden symmetrische und unsymmetrische ohmsche Isolationsfehler erfasst. Kapazitive Fehlerströme sind brand-ungefährlich, da sie sich gleichmäßig auf die Leitungslänge aufteilen. |
Es gibt noch keine genormten Ansprechwerte. Die Ansprechwerte können je nach Netzableitkapazität und Anlage stark schwanken. Die Auswahl des richtigen Ansprechwertes muss von einer Elektrofachkraft durchgeführt werden. | Mindestwerte des Isolationswiderstands sind in DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600): 2017-06, Tabelle 6.1 vorgegeben. |
Bedingt einsetzbar in Anlagenteilen, in denen kein Schutzleiter mitgeführt wird. Zur sicheren Beurteilung des Isolationswiderstandes sollte der PE immer mitgeführt werden. | |
In IT-Systemen kann der Fehlerstrom nicht einem Isolationsfehler hinter dem Messstromwandler zugeordnet werden. | In allen Netzformen einsetzbar. |
Innerhalb ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel bieten die Differenzstrom-Überwachungssysteme eine optimale Möglichkeit zur Beurteilung von Isolationsverschlechterungen. Die gemessenen Fehlerströme lassen sich eindeutig den jeweiligen Stromkreisen zuordnen. Somit ist eine anlagenbezogene sicherheitstechnische Zustandsbewertung möglich. Dabei ist das Messverfahren der anzuwendenden Differenzstrom-Überwachungsgeräte (RCMs) und die Messstromwandler-Installation anlagenspezifisch auszuwählen. Im Rahmen der ständigen Überwachung können solche Überwachungseinrichtungen die geforderte „kontinuierliche“ messtechnische Prüfung sicherstellen. Ebenso wird bei Stromkreisen, die durch Differenzstrom-Überwachungssysteme überwacht werden, der Anschluss fehlerhafter handgeführter, elektrischer Betriebsmittel messtechnisch erfasst, visualisiert und gegebenenfalls der Stromkreis abgeschaltet. Das setzt voraus, dass die zulässigen Grenzwerte des Differenzstroms von einer Elektrofachkraft anlagenspezifisch vorgegeben werden.
Über die zeitliche Dokumentation und grafische Darstellung des Anlagenverhaltens, z. B. Senkung oder Erhöhung der Differenzströme, wird es möglich, angepasste Prüffristen für die anzuschließenden elektrischen Arbeitsmittel festzulegen. Wird organisatorisch festgelegt, welche Betriebsmittel betriebsbedingt zum Einsatz kommen, kann aufgrund der Messergebnisse eine Korrektur der Prüfintervalle vorgenommen werden. Die bisherigen praktischen Erfahrungen zeigen eindeutig, dass mit diesem Messverfahren eine zugeschnittene Zuordnung der einzelnen Wiederholungsprüfungen möglich wird und somit das Schutzziel der BetrSichV „Festlegung gefährdungsbezogener Prüffristen“ erfüllt wird.
Name | Typ | Größe | Sprache | Zeitstempel | D-/B-Nummer |
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